Naturalismus und Ideologie – wie wir (nicht) über die Natur des Menschen nachdenken sollten

Mittwoch 28.06.2023
16:00 – 18:00 Uhr

Prof. Dr. Rebekka Hufendiek, Humboldt-Zentrum der Universität Ulm

In den letzten Jahren haben eine Vielfalt an YouTube-Kanälen und etwas dunkleren Ecken des Internets Gedanken und Argumentationsmustern zu neuer Prominenz verholfen, die in akademischen Debatten allgemein als überholt gelten. Im Umfeld des so genannten Intellectual Dark Web florieren Behauptungen über biologisch bedingte Unterschiede zwischen Gruppen von Menschen (eingeteilt nach Geschlecht, Rasse oder Klasse). Der Verweis auf biologische Unterschiede, dient hier der Rechtfertigung gesellschaftlicher Ungleichheiten.

Wie der Biologe Richard Lewontin schon vor Jahrzehnten kritisiert hat, wird der Bezug auf „Wissenschaft“ oder „Biologie“ oft missbraucht, um soziale Ungleichheiten zu legitimieren, indem sie als natürlich und damit unausweichlich dargestellt werden. In diesem Vortrag soll aus wissenschaftstheoretischer Perspektive nach Abgrenzungskriterien zwischen angemessenen wissenschaftlichen Erklärungen und ideologischen Behauptungen gefragt werden. Wie können wir das eine vom anderen unterscheiden, wenn sich hier wie dort auf Fakten und Empirie berufen wird?

Prof. Dr. Rebekka Hufendiek

Rebekka Hufendieks Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Wissenschaftstheorie, der Philosophie des Geistes und der Philosophie der Kognitionswissenschaften. In diesen Bereichen interessiert sie sich besonders für anthropologische Fragestellungen, die den Begriff der Natur des Menschen und das Verhältnis von Natur und Normativität betreffen. Sie studierte Philosophie an der Humboldt Universität zu Berlin und war von 2008-2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Kolleg-Forschergruppe für Bildakt und Verkörperung. 2012 wurde sie an der Humboldt Universität mit einer Arbeit über Emotionstheorien promoviert. Von 2012-2013 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Université de Fribourg und 2013 – 2019 an der Universität Basel. In diese Zeit fällt auch 2016 ein Forschungsaufenthalt an der Universität Exeter. 2020 war sie Junior Fellow am Wissenschaftskolleg in Greifswald. Von 2020 bis 2022 war sie SNF-Eccellenza-Professorin an der Universität Bern und Leiterin des Projekts «Explaining Human Nature: Empirical and Ideological Dimensions». Seit 2023 ist sie Professorin für Philosophie und Abteilungsleitung des Humboldt-Zentrums für Philosophie und Geisteswissenschaften der Universität Ulm.