Mittwoch 23.04.2025
16:00 – 18:00 Uhr
Prof. Dr.Sabine Maasen, Universität Hamburg
Dass wissenschaftliches Wissen einen gesellschaftlichen Zweck haben solle, ist nicht neu: Pointiert formuliert Marx, dass „die Philosophen die ganze Welt bisher nur interpretiert haben, und zwar auf verschiedene Weise; der Punkt ist es, sie zu verändern“ (1845). Viele andere formulierten Ähnliches. Warum wäre dies also durch „wirkungsorientierte Forschung“, durch Verweis auf „Relevanz“ oder „Societal Impact“ hervorzuheben? Die Vermutung lautet zunächst: Dies drückt in zugespitzter Weise ein Mitbestimmungs- und Teilnahmerecht „der Gesellschaft“ an Wissenschaft aus. Was wichtiges Wissen ist, wie es die Gesellschaft erreicht und mehr noch, wie sie daran mitwirken kann, ist Teil immer neuer Praktiken und Programme: Wissenschaftskommunikation, Citizen Science oder Responsible Research and Innovation gehören heute sicher zu den bekannteren.
Doch diese Praktiken und Programme flammen seit den späten 1960ern immer wieder aufs Neue auf, denn nie konnten sie sich in der geforderten Weise in Wissenschaft und an Hochschulen etablieren. Deshalb dürfen wir wohl davon ausgehen, dass der neuerliche Verweis auf „Societal Impact“ von Forschung und Lehre auf mehr hinauswill: auf ein neues Arrangement von Wissenschaft, Hochschule und Gesellschaft. Wissenschaft und Hochschule, so scheint es, schlägt nicht mehr nur „Die Stunde der Wahrheit“ (Weingart), sondern auch die Stunde der „Wirkung“. Es geht um Wissenschaft in der, für die und mit der Gesellschaft.
Dieser Vortrag befasst sich zum einen mit der Karriere und zum anderen mit einigen der sich abzeichnenden Rückwirkungen der zunehmenden Wirkungsorientierung auf Wissenschaft und Hochschule.
Sabine Maasen studierte Soziologie, Linguistik und Psychologie an der Universität Bielefeld. Nach der Promotion 1996 im Fach Soziologie und der Habilitation 2001 folgte sie 2001 dem Ruf auf eine Professur für Wissenschaftsforschung/Wissenschaftssoziologie an der Universität Basel. Von 2013 bis 2020 hatte sie den Friedrich Schiedel-Stiftungslehrstuhl für Wissenschaftssoziologie an der TU München inne und war Direktorin des Munich Center for Technology in Society (MCTS). Seit November 2020 ist sie Professorin für Wissenschafts- und Innovationsforschung und Direktorin der im Januar 2021 neu gegründeten TransferAgentur der Universität Hamburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind interdisziplinäre und transversale Technowissenschaften, soziotechnische Arrangements von Gehirn, Selbst und Gesellschaft, soziologische (Bild-)Diskursanalyse, Metaphernanalyse, Wissenschaftssoziologie und Wissenschaftsmanagement.